Kanutour Schweden: Hechtsuppe! Was tun, wenn einem das Zelt um die Ohren fliegt und das Wasser feucht-fröhlich in die Schuhe suppt? Noch nicht ganz im Bilde, wie wir eigentlich in diese Misere kamen? Dann lies Dir doch Kapitel 1, Kapitel 2, Kapitel 3 & Kapitel 4 der Kanutour Schweden noch einmal durch. Oder schau Dir an, wie es weitergeht im Kapitel 6, Kapitel 7, Kapitel 8 & Kapitel 9.
Am Morgen ist es vorbei mit eitel Sonnenschein und die schwedische Natur zeigt uns ihr raues, herbstliches Gesicht. Ein kühler Wind fegt über das Wasser, bleigraue Wolken ziehen über den tristen Morgenhimmel dahin. Eigentlich wollten wir heute weiterziehen, entscheiden uns dann aber doch mit Blick auf den nicht unerheblichen Wellengang dagegen. Keiner hat Lust unfreiwillig baden zu gehen oder bei Wind und Wetter das Camp umzusatteln. Also richten wir uns unter der Plastikplane häuslich ein und zockeln in Zweiergruppen in den Wald, die Pilzeimerchen baumelnd am Handgelenk. Erwartungsfroh strauchele ich mit Lisa durch die Heidelbeersträucher und scanne skeptisch den Untergrund. Sollten sich die zahllosen von David versprochenen Pfifferlinge und Birkenpilze tatsächlich dem dunstigen Sonnenlicht entgegenarbeiten, würden wir sie unter der üppigen Krautschicht maximal ungesehen zertrampeln. Doch Lisa tänzelt mit grüner Regenjacke und Regenhut optimistisch voraus und entdeckt tatsächlich unter einer schattigen Fichtenkrone ein Nest orange leuchtender Pfifferlinge. Mit unserem neuen Schnitzmesser übersiedeln wir die wehrlose Pilzfamilie in den Plastikeimer, froh später überhaupt irgendeinen Fund vorweisen zu können. Etwa zwei Stunden streifen wir durch den ungewöhnlich dichten Nadelwald dahin, finden mystisch schöne, von weichen Moosteppichen überwachsene Sumpfgebiete und den einen oder anderen Gutpilz, den wir zurück zur Herde bringen. Unzählige Lamellenpilze strecken uns feixend ihre tückisch einladend braunen Kappen entgegen und verhöhnen unsere botanisch vollkommene Unkenntnis. Wir müssen abwägen: Das ungute Gefühl einer erfolglosen Jagd gegen den qualvollen Vergiftungstod. Unsere Stiefel haben inzwischen begonnen eine schmatzende Symbiose mit dem durchweichten Untergrund einzugehen und zwingen uns zur Rückkehr. Wir schlagen uns optisch reichlich mitgenommen durch einen staubtrockenen verholzten Hexenwald zurück zum Camp, rote juckende Wunschpunkte im Gesicht, kleine Zweige ragen aus unserem Haar. Sie macht nicht schöner, unsere Kanutour Schweden!
Kanutour Schweden: Bruchbude
Zusammen haben wir alle einen ganzen Haufen rot leuchtender Pfifferlinge und bläulich angegrauter Steinpilze erwirtschaftet, die nun für das Abendessen vom gröbsten Dreck befreit werden müssen. Caro, Gabi und ich schnipsen mit unseren Buschmessern die Kiefernnadeln vom Objekt während Jana in roter Badeshorts und Teddymütze Markus anvisiert, der als kleines Männchen am dunkel umwölkten Horizont dahintreibt. Auf dem unruhigen schwarzen Wasser paddelt er kräftig in der Ferne dahin, froh draußen zu sein und sich den frischen Wind der Freiheit um die Nase wehen zu lassen. Unsere Schuhe bilden einen tropfenden Halbkreis am Feuer, pusten ab und an kleine Rauchwölkchen in die knisternden Flammen. Inzwischen hat es zu regnen begonnen und Wasser rinnt von der Plastikplane in die darunter deponierten Blecheimer. Heute hat jedenfalls keiner Lust mit dem Kajak rauszufahren und im aufkommenden Sturm Frischwasser zu holen. Ein plötzlicher Windstoß zerrt an unserer Plane und zerbricht den Stützpfeiler, der auf unsere Köpfe segelnd in die Knie geht. Notdürftig reparieren wir die Konstruktion, doch als ich vom windgeschützten Trockenklo zurückkehre, wuselt der Rest bereits durch ein nasses Freilufttheater. Mein Vorschlag, das Happening zur Klo-nahen windgeschützteren Feuerstelle zu verlegen, wird kurzerhand in die Tat umgesetzt. Melik eiert mit einem Eimer voll Feuer und Glut an mir vorbei und selbst der bereits im Regenwasser schwimmende Gourmethecht von gestern findet seinen Platz im Alupott am Fuß einer Kiefer. Tut das Not, dass das hier so rumoxidiert? Das will doch eh keiner mehr essen. Doch wegwerfen offenbar auch nicht.
Kanutour Schweden: Im Auge des Sturms
Wir sammeln nasses Feuerholz für das Abendessen und ziehen lange moosig-glitschige Äste an die Brust gedrückt hinter uns her ins Camp. Bald gleichen wir optisch dem dreckigen humanen Inventar eines ins Wasser gefallenen Wacken-Festivals und schnipseln mit braunen, klammen Fingern Zwiebeln und Pfifferlinge in die gusseiserne Pfanne. Manfred geht in seiner neuen Rolle als Sternekoch völlig auf und zaubert aus Tomaten und Bohnen eine leckere Nudelpfanne. Trotz des schlechten Wetters mümmeln wir zufrieden warme Kohlenhydrate aus dem Futternapf und halten die Kapuzen tapfer in den böigen Wind. Lange sitzen wir an diesem Abend noch am Feuer während Markus eine einwandfreie Darbietung der Känguru-Chroniken zum Besten gibt. In der Nacht heult der Sturm um die Zelte, lässt die Planen geräuschvoll im Wind und die Nerven mancher Gruppenteilnehmer gehörig flattern. Faul gespannte Zeltschnüre quittieren ihren Dienst und dem Insassen die Arschkarte. Ich liege in meinem warmen Schlafsack und kann nicht anders, als die ganze Szenerie frecherweise urgemütlich zu finden. Sollte uns das Geäst auf das Haupt fallen, müsste ich mich nach der Reise wenigstens nicht mehr mit der Jobsuche herumärgern. Kanutour Schweden, die Allzwecklösung!