Die Radreise Jakutien nimmt Formen an und entwickelt sich zum Abenteuerprojekt Bikerafting! Wie die Idee, so wächst auch die Route langsam zu einem stattlichen Masterplan heran. Von gestrichenen Rechnungen, und Tourentwürfen und einer Portion Erfindergeist bei der Planung, berichten Kilian und Roman in diesem Artikel zu ihrer Radreise Russland.

Wie bereits im ersten Blogeintrag beschrieben, hat es uns ein ganzes Jahr gekostet, auf die jetzige Route zu stoßen. Warum eigentlich so lange? Nun ja, zum einen gab es da besagtes Bier. Da wurde die Ideenfindung zwar kreativer, aber nicht unbedingt umsetzbarer. Zum anderen war es wirklich nicht einfach aus 10.000 km Entfernung sinnvolle und machbare Routenkombinationen zu finden. Es scheiterte einerseits an verlässlichem Kartenmaterial, zum anderen an fehlenden Reiseberichten ähnlicher Unterfangen in der Region.

Darüber hinaus gab es viele klimatische Hürden zu bedenken, die je nach Jahreszeit dicke Striche durch Rechnungen machen konnten. So war Kamtschatka beispielsweise ein Paradies für Wintersportenthusiasten und verwandelte sich im Sommer in einen einzigen Sumpf. Schuld daran war hauptsächlich der Permafrostboden, der abfließendes Regenwasser regelrecht an der Oberfläche staute. Der Besuch der russischen Halbinsel war daher keinesfalls vom Reiseradar verschwunden, aber vorläufig vertagt. Was also nun?

Bikerafting Jakutien Kilian Reil: Ein Plan

Das Internet wusste Rat. Denn zum Glück gab es vor einem selbst immer ein paar andere Spinner, die in der Ecke mal unterwegs waren und so fanden wir nach ausreichend Recherche passende Tourenberichte. Absolut lesenswert sind da zum Beispiel die Berichte von Richard Löwenherz (Bei dem Namen kann man ja nur epische Abenteuer machen). Jakutien, beziehungsweise die „Road of Bones“ kam auch schon einmal in den Fokus internationaler Medien, als Ewan McGregor aka Obi Wan Kenobi mit einem Motorrad die gefährliche Strecke von Jakutsk bis Magadan fuhr. Empfehlenswert hier seine witzige Begleitreportage auf Youtube. Klar, mit Yedi-Kräften hätte ich auch keine Angst vor einem derartigen Unterfangen. Da aber Roman und ich als Wehrdienstverweigerer ähnliches Zielvermögen hatten wie die weißen Klonkrieger, wären Unfälle mit Laserwaffen nicht zu vermeiden. Wir hatten uns fest entschlossen: Wir fahren auf die Road of Bones!

Bikerafting Jakutien: So viele Kilometer.

Unsere präferierte Route enthielt Ende 2017 im Gesamten ca. 1300 km Road of Bones, dann wollten wir 200 km das Fahrrad durch die Pampa schieben, 20 km auf einem See paddeln, 150 km strampelnd einen Pass überqueren bis wir die letzten 500 km auf einem Fluss in Richtung Meer hätten zurücklegen müssen. Soweit der Plan. Aber der erste Strich durch die Rechnung ließ nicht lange auf sich warten.

Der geplante Rückflug aus Ochotsk wurde Anfang 2018 eingestellt. Ein herber Rückschlag für uns,   denn erreichbar war der schnuckelige Goldgräberort nun nur noch per Schiff oder per klapprigem Flieger aus dem noch weiter entfernten Khabarovsk. Eine Begründung der Airline gab es nicht. Doch scheinbar war das Dörfchen am Rande des ochotskischen Meeres kein Pauschalreiseziel für reiche Russen mehr. Ochotsk – das neue Ibiza. Wohl kaum. So mussten wir unsere Route wieder umkrempeln und waren mittlerweile bei Plan E oder F angekommen. Doch wir gaben nicht auf und schraubten an der Route weiter.

Und inzwischen klingt der aktuelle Masterplan in etwa so: Wir wollen 1000 km auf der „Road of Bones“ gegen Osten fahren, 200 km bis zu einer Goldmine fahrend (oder schiebend) zurücklegen und danach weitere 100 km bis zu einem Pass schieben. Dahinter soll uns ein Fluss ca. 400 km Richtung heimwärts schippern bevor die restlichen 400 km auf der „Road of Bones“ nach Jakutsk anstehen. So der grobe Plan. Die Karte weiß mehr:

Bikerafting Jakutien Kilian Reil: Der Masterplan

  • Rot – Finale Route
  • Hellblau – 1. Route Anfang 2018
  • Grün: Road of Bones – Sommerstraße
  • Orange: Road of Bones – Winterstraße
  • Lila: Alternativroute 01
  • Dunkelblau: Alternativroute 02

 

Bikerafting Jakutien: Romans rostiger Drahtesel

Die Route stand, doch die weitere Planung war noch lange nicht abgeschlossen. Wir hatten uns irgendwann im Laufe der Organisation in den Kopf gesetzt, dass eine Kombination aus Bike und Boot spannend wäre. Logistisch kein Kindergarten, da Kayaks oder Kanus wegfielen, ebenso wie auch das Standard Schlauchboot aus dem Supermarkt. Richtige Wildwasser Rafts waren zu groß und zu schwer und so blieb eigentlich nicht mehr viel übrig. Aus Amerika schwappte aber seit einiger Zeit das Thema „Packraft“ nach Europa, leichte, kleine, wildwassertaugliche Schlauchboote, die auch auf dem Fahrrad ein Plätzchen fanden. Bei weitem nicht so robust, wendig und aquadynamisch wie ein schönes Kanu, aber Alternativen gab es wenige. Als Trapper würden wir Flöße bauen, doch diese schöne Zeit bleibt uns wahrscheinlich nicht. Also war nun das Packraft unsere passgenaue Variante für den Wasserweg.

Bikerafting Jakutien Kilian Reil: Das Packraft

Für den Landweg war die Baustelle aber auch nicht kleiner: Romans geliebtes Rad hatte in Tadschikistan einige Treffer abbekommen und musste überholt werden. Er ging damals als Sieger unserer Platten-Wertung hervor, da nicht nur der Mangel an Kompetenz beim Flicken, sondern auch die etwas dünnen Reifen der Straße nicht gewachsen waren. Da waren Durchschläge vorprogrammiert.  Das gute Teil hatte zudem mittlerweile schon etwas Rost angesetzt, also machten wir uns auf die Suche nach einem Ersatz. Durch Zufall wurde ich bei der Freiburger Fahrradschmiede ToutTerrain auf ein Sponsoringprogramm aufmerksam. Frei nach dem Motto „Das Glück ist mit den Dummen!“ haben wir hier inzwischen zwei heiße neue Bikes für Jakutien stehen und freuen uns, als erste Mitglieder des ToutTerrain Adventure Teams an den Start zu gehen! Mal sehen, ob wir dem Druck standhalten können. Wir basteln weiter an unserer Bikerafting-Tour Jakutien: Mehr zu Boot und Bike gibt es im nächsten Eintrag. Stay tuned.

Cheers, Kilian!

Bikerafting Jakutien Kilian Reil: Bikes von ToutTerrain