Die letzte Etappe der Radreise Osteuropa von der serbischen in die bulgarische Hauptstadt brachte so einiges an Nervenkitzel mit sich! Aber von Anfang an: Belgrad wird sicher nicht zu meinen liebsten Städten zählen, denn insgesamt wirkt alles ziemlich heruntergekommen und abseits der Fussgängerzone gibt es nicht viel zu sehen. Ich war trotzdem ganz froh über meine erste Nacht in einem Hostel auf der bisherigen Reise. Hier konnte ich andere Reisende treffen und einen lustigen Abend mit ein paar Holländern und Amis verbringen. Am nächsten Morgen brach ich früh auf und fuhr auf einer dreispurigen Straße aus der Stadt hinaus, um eine Fähre über die Donau unweit der rumänischen Grenze zu erreichen. Auf der anderen Seite der Donau wurde es langsam hügeliger, worüber ich mich wirklich freute! Bald begannen für mich die schönsten 120km in Serbien: die Gegend rund um das eiserne Tor. Hier durchfließt die Donau, die mittlerweile sehr viel mächtiger geworden ist, eine lange Schlucht, die an der engsten Stelle nur 150m breit ist und dabei eine Tiefe von 90m erreicht. Die Straße war kaum befahren und die Landschaft wirklich beeindruckend und nur der extreme Gegenwind trübte die Freude darüber ein wenig. Nachdem ich bereits um 6 Uhr morgens aufgebrochen war, um der großen Mittagshitze zu entgehen, wollte ich nach einem der vielen 4km langen Anstiege die Abfahrt genießen. Mit 50km/h rauschte ich abwärts, als ich von Weitem einen großen wilden Hund mitten auf der Fahrbahn sah. Er lief zunächst seitlich ins Gebüsch und ich beruhigte mich etwas. Leider entdeckte er mich doch noch rannte mir bellend hinterher. Er war mir dicht auf den Fersen und wollte nach mir schnappen. In diesem Moment schrie ich so laut wie nur irgendwie möglich und nicht nur ich war von der Gewalt meiner Stimme überrascht, auch der Hund schien beeindruckt und gab die Verfolgung auf. Noch Minuten später hatte ich Herzklopfen und eine Gänsehaut am ganzen Körper. Von diesen angsteinflößenden Angriffen hatte ich mittlerweile schon mehrere und es war kein Ende in Sicht: Wilde Hunde an jeder Ecke.

 

Radreise Osteuropa: Menschlichkeiten in Bulgarien

Serbien hatte mich wirklich beeindruckt: Es schenkte mir viele wunderbare Begegnungen und eine unglaubliche Gastfreundschaft. Auch die abwechslungsreiche Landschaft machte Serbien zu etwas Besonderem. Nach ziemlich genau 2000 km und fast 4 Wochen auf dem Rad hatte ich nun aber die bulgarische Grenze erreicht. Als ich so in Vidin, der ersten kleinen Stadt, in einem Park auf einer Bank saß, wurde ich von der Engländerin Louise angesprochen. Sie radelte zusammen mit ihrer Schwester Charlie von Manchester nach Hongkong und da wir in dieselbe Richtung wollten, schloss ich mich den beiden spontan an und warf damit meine Routenpläne über den Haufen. So machten wir uns bei 41 Grad zu dritt auf den Weg Richtung Sofia. Am nächsten Tag begann es dann zum ersten Mal seit über drei Wochen zu regnen und erkundigten uns in einem kleinen Dorf nach einem Zeltplatz. Wir durften auf dem Fussballplatz campieren, auf dem zur selben Zeit noch die Schaf- und Kuhherden am weiden waren. Trotz der Gewitter verbrachten wir einen schönen Abend mit den einheimischen Kindern und schlüpften erschöpft aber zufrieden in unsere Schlafsäcke. Die Nacht wurde dann zu einer der schlimmsten der bisherigen Reise: Wir hörten ein paar der Jugendlichen um unsere Zelte schleichen und stellten uns erst noch schlafend. Als wir sie dann aber an unseren Rädern hantieren hörten, konnten wir sie durch Schreie vertreiben. Mehrere Male kamen sie bis zum Morgen wieder und wieder und brachten uns um einen ruhigen Schlaf, aus dem wir immer wieder schreckten, um sie jedes Mal aufs Neue zu vertreiben. Letztendlich hatten sie ganze Arbeit geleistet: Mein Sattel war geklaut und an den Rädern der Schwestern die Lichter abgebrochen, die Werkzeugtaschen entfernt und auch sonst alles mitgenommen, was nicht niet- und nagelfest war. Verärgert, übermüdet und frustriert zogen wir zum einzigen Laden im Ort und scheuchten das halbe Dorf auf die Beine. Der Polizist wollte uns nicht helfen, sondern bestrafen, weil zelten in Bulgarien verboten sei. Die Dorfbewohner waren netter und schweißten mir mit einiger Muehe für 3 Euro einen Sattel ans Rad, der leider viel zu niedrig war. Die 20km bis zur nächsten Stadt fuhr ich überwiegend im Stehen und konnte dort unter großem Aufwand einen einigermaßen passenden Sattel besorgen, mit dem die Tour weiterging. Die letzten 100km bis Sofia führten uns dann durch das Balkangebirge. Dieser Abschnitt gehörte zu einem der schönsten der ganzen Tour, auch wenn – oder eben weil – wir zu 80 Prozent bergauf fahren mussten. Nach vier Wochen alleine radeln war es toll, mit den beiden Mädels unterwegs zu sein. Hier in Sofia werden wir nun zwei Pausentage einlegen: Für die Planung der Weiterreise und einem Plan B, nachdem wir von den schrecklichen Unruhen in der Türkei gehört hatten.

 

Die Autorin: Ich bin Nina, 26 Jahre alt, gerade mit dem Geographiestudium fertig geworden und auf der Suche nach Freiheit und Abenteuer. Das bedeutet für mich draußen in der Natur zu sein, keine Vorgaben einhalten zu müssen und jeden Tag aufs Neue etwas zu erleben.